
Was ist ein Nahrungsergänzungsmittel… und wer entscheidet, ob Ihr Produkt dazugehört?
Für CEOs und Unternehmensverantwortliche ist die Frage keineswegs theoretisch: Wer bestimmt, ob ein Lebensmittel als Nahrungsergänzungsmittel gilt – das Unternehmen oder die Behörde? Die Antwort beeinflusst Markteinführung, Etikettierung, Risiko und Zeitplan. Die einschlägige Auslegung der Behörden führt zu einem klaren Grundsatz: Der Betreiber (das Unternehmen) nimmt die Einstufung zunächst selbst vor; die zuständige Behörde prüft im Nachgang und kann Korrekturen verlangen, wenn das Produkt nach Zusammensetzung, Darreichung oder bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht in die Kategorie passt.
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Ausgangspunkt: Der Betreiber klassifiziert, die Behörde überwacht
In den Auslegungshinweisen wird festgehalten, dass bei der Einstufung alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen sind: Formulierung, Kennzeichnung und Aufmachung. Daraus folgt der operative Leitsatz: „In jedem Fall hat der Lebensmittelunternehmer zu bestimmen, dass ein Lebensmittel ein Nahrungsergänzungsmittel ist.“ Diese Entscheidung muss fachlich begründet und dokumentiert werden. Nur wenn die Behörde klar erkennt, dass Ihr Produkt nicht der Definition eines Nahrungsergänzungsmittels entspricht, kann sie eine Anpassung der Verkehrsbezeichnung – und damit des gesamten betroffenen Etikettenteils – verlangen.
Warum das für die Unternehmensleitung zählt
Geschwindigkeit zum Markt: Weil es sich nicht um eine vorherige amtliche „Zulassung der Kategorie“ handelt, können Sie mit einer fundierten Eigeneinstufung planen. Das reduziert Unsicherheit im Time-to-Market und erleichtert Budget- und Produktionsentscheidungen.
Risikosteuerung: Die falsche Klassifizierung kann Re-Design des Etiketts, Anpassungen bei Claims, Rückrufe oder eine Neu-Positionierung auslösen. Wer den Prozess unternehmensintern steuert und eine unabhängige regulatorische Zweitmeinung einholt, minimiert Folgekosten.
EU-Expansion: Es gibt Interpretationsunterschiede zwischen Mitgliedstaaten. Wer mehrere Märkte anvisiert, braucht kohärente Rezepturen und Botschaften, die einer strengen Auslegung standhalten. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung greift nicht immer, wenn Bereiche harmonisiert sind.
Was ist ein Nahrungsergänzungsmittel – in der Unternehmenspraxis
Praktisch bedeutet „was ist ein Nahrungsergänzungsmittel“ für Entscheider: Ein Nahrungsergänzungsmittel ist ein Lebensmittel, das dazu bestimmt ist, die normale Ernährung zu ergänzen – mit Nährstoffen, Stoffen mit ernährungsphysiologischer oder physiologischer Wirkung oder anderen zulässigen Zutaten – und es wird in geeigneter dosierter Form für eine gemessene Aufnahme angeboten. Das heißt nicht, dass jede Rezeptur mit Vitaminen oder Pflanzenextrakten automatisch ein Nahrungsergänzungsmittel ist: Zusammensetzung, Darreichung und Verwendungszweck müssen zu einem Lebensmittelgebrauch passen. Weisen Form, Dosierung oder Gebrauchsanweisung eher in Richtung medizinischer Zweckbestimmung, ist Vorsicht geboten.
Aufmachung und Kennzeichnung: Die rechtliche Verkehrsbezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“ und die Art der Kommunikation sind entscheidend. Signale, die therapeutische Zwecke nahelegen, können die Einstufung unterlaufen.
Bestimmungsgemäßer Gebrauch: Die Produktkommunikation – Etikett, Website, Materialien für Handel und Konsumenten – muss einen Lebensmittelgebrauch beschreiben. Aussagen, die Behandlung von Krankheiten suggerieren, führen schnell in eine andere (streng regulierte) Kategorie.
Was die Behörde verlangen kann
Stellt die Behörde fest, dass Ihr Produkt nach Zusammensetzung, Aufmachung oder Gebrauch nicht als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen ist, kann sie eine Änderung der Verkehrsbezeichnung und der betroffenen Etikettbestandteile verlangen. Für Unternehmen bedeutet das Kosten (Neudruck, Anpassungen, mögliche Umverpackung) und Zeitverlust, der in Launch- und Umsatzplänen einzuplanen ist.
So treffen Sie die richtige Entscheidung – und können sie verteidigen
1) Klassifizierungsdossier früh anlegen: Dokumentieren Sie nachvollziehbar, warum Ihr Produkt als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen ist. Führen Sie Rezeptur, Zweckbestimmung, Etikett und Gebrauchsanweisung an und begründen Sie, warum keine Merkmale anderer Kategorien (z. B. Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke oder Arzneimittel) vorliegen.
2) Unabhängige Review vor Druckfreigabe: Eine externe regulatorische Prüfung deckt Schwachstellen auf – etwa grenzwertige Claims oder unklare Gebrauchsanweisungen –, bevor teure Änderungen nötig werden.
3) Konsistenz für mehrere Märkte planen: Entwickeln Sie Botschaften und Gestaltungselemente, die in verschiedenen EU-Lesarten robust sind. Prüfen Sie frühzeitig, wo harmonisierte Vorgaben gelten und wo nationale Spielräume bestehen.
4) Claim-Governance etablieren: Was Sie über das Produkt sagen, wiegt ebenso schwer wie die Rezeptur. Richten Sie einen klaren Freigabeprozess für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben ein und halten Sie Abstand zu Aussagen, die medizinische Wirkungen implizieren.
Warnsignale für die Geschäftsführung
Unübliche Darreichungsform oder Anwendung für Lebensmittel. Kommunikation mit Therapiecharakter oder Anwendungsversprechen jenseits der Ernährung. Rezepturen, deren Dosierungen oder Kombinationen die Grenze zum medizinischen Umfeld überschreiten könnten. EU-Rollout ohne Plan für unterschiedliche Auslegungen.
Schlussfolgerung
Wer verstehen will, was ein Nahrungsergänzungsmittel ist, sollte die Management-Perspektive einnehmen: Ihr Unternehmen entscheidet zuerst und begründet die Einstufung; die Behörde prüft anschließend und kann korrigieren, wenn der Rahmen verfehlt wird. Mit einem sauberen Dossier, einer konsistenten Etikettierung und einer disziplinierten Kommunikationsführung reduzieren Sie Reibungsverluste, beschleunigen den Markteintritt und vermeiden teure Nacharbeiten. Quelle der Inhalte: Auslegungshinweise zur Kontrolle von Kennzeichnung und Zusammensetzung von Nahrungsergänzungsmitteln, Version 3, 12. Juni 2025.
Planen Sie den Launch eines Nahrungsergänzungsmittels oder die Überarbeitung einer bestehenden Linie? Sprechen Sie mit uns. Wir prüfen Klassifizierung, Etikett und Dossier vor der Freigabe, begleiten die Notifizierung und unterstützen Ihre EU-Expansion. Auf Wunsch erstellen wir einen praxisnahen Checklist-Download für Ihr Produkt- und Qualitätsteam.